Redebeitrag zur Antifa und dem guten Leben für Alle

Am 30. April, also dem Vorabend des Arbeiter*innenkampftags sind wir in Passau gemeinsam mit den Gewerkschaftsjugenden von DGB, ver.di, IGM und GEW auf die Straße gegangen, um das gute Leben für Alle zu fordern. Unseren Redebeitrag zu diesem Anlass sowie ein paar Impressionen veröffentlichen wir hier:

„Was machen Antifas auf einer Demo zum 1. Mai? Was hat Antifaschismus mit Arbeitskämpfen zu tun?“ – Diese Frage kann man auf sehr viele Arten beantworten. Die offensichtlichste ist, dass Nazis aktiv gegen Gewerkschaften, gegen Arbeitnehmer*innen agitieren und rechte bis faschistische Parteien und Organisationen den Rechten von Arbeiter*innen deutlich mehr schaden als nützen. Auch, dass Faschos menschenfeindliche Positionen vertreten, die mit den Zielen fortschrittlicher Organisationen absolut unvereinbar sind und auf allen Ebenen bekämpft werden müssen, sollte für die meisten hier nichts neues sein – so standen wir doch erst im Januar genau hier, um zusammen mit über 8000 Anderen ein Zeichen gegen die faschistische Politik der AfD und ihrer Verbündeten zu setzen.

So weit, nichts Neues. Ich möchte an dieser Stelle über einen anderen Punkt reden, der über das Genannte hinausgeht: Es gibt mehrere Spielarten des Antifaschismus. Es gibt den bürgerlichen Antifaschismus und den, den linksradikale Antifagruppen vertreten. Was ich bisher genannt habe, fällt alles eher unter die Kategorie des bürgerlichen Antifaschismus – Engagement gegen Rechtsextremismus, welches die Gesellschaft wie sie jetzt ist davor schützen soll, in Schlimmeres abzugleiten, das Grauen, dass die Herrschaft oder einfach nur Präsenz von Faschist*innen auslöst, verhindern soll. Was dabei jedoch völlig untergeht ist die Grausamkeit, die in den bestehenden Verhältnissen steckt, die bereits jetzt herrscht. Die Grausamkeit, dass Menschen in einem der reichsten Länder der Welt hungern müssen, dass jedes 5te Kind in Armut lebt. Dass Menschen auf der Straße erfrieren, während Wohnungen leerstehen, dass Menschen, die Hilfe benötigen stattdessen abgeschoben werden in Länder, in denen ihnen Leid, Verfolgung oder gar der Tod droht. Dass viele ab der Monatsmitte nicht mehr wissen, wie sie ihre Einkäufe bei den steigenden Preisen und faktisch sinkenden Löhnen bezahlen sollen. Und dass all der Wohlstand, der so viele hier schon kaum erreicht, auf dem Rücken einer ausgebeuteten Welt und unserem Klima aufgebaut wurde.

Eine Grausamkeit und Gewalt, die kaum als solche benannt wird und von der erwartet wird, dass wir sie einfach hinnehmen, dass sie „halt zum Leben dazugehört“. So ist das nunmal. Und dass dieser furchtbare Normalzustand so weitergeht, scheint auch niemand ändern zu wollen – im Gegenteil, die aktuelle Politik sieht so aus, dass er nur weiter verschärft wird, damit noch mehr Menschen leiden.

Entgegen der allgemeinen Meinung ist der Unterschied zwischen bürgerlichem und linksradikalem Antifaschismus nicht die Wahl der Mittel sondern das Ziel: Denn das Ziel kann doch nicht die Verteidigung dieser Grausamkeit sein, die wir aktuell unsere Realität nennen, sondern der Kampf um ein wirkliches gutes Leben für alle! Und das erkämpfen wir nicht innerhalb der gegebenen Verhältnisse, sondern kollektiv organisiert gegen sie, gegen den Staat und seine Erfüllungsgehilfen. Ein Leben, in dem niemand mehr hungern oder auf den Straßen frieren muss, in dem niemand unter Anwendung von Gewalt in Kriegsgebiete abgeschoben wird – in dem Krieg nicht mehr existieren muss – ist ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt, ein Ziel, das gegen den Backlash von sowohl Faschos als auch dem Staat verteidigt werden muss – auch militant.

Doch das bedeutet auch: Diesen Kampf führt niemand für uns. Das müssen wir selbst in die Hand nehmen. Denn wir können uns schon jetzt entscheiden, es anders zu machen, solidarisch miteinander zu sein. Wir können erkennen, dass wir gemeinsam nicht so machtlos sind, wie wir glauben und wir haben eine Perspektive, für die es sich zu kämpfen lohnt: Das gute Leben für alle! Ihr wollt also eine bessere Welt, ihr könnt euch vorstellen, wie es besser gehen kann? Bringt euch ein! Organisiert euch! Niemand wird uns befreien außer uns selbst.
Also: Join your local Antifa!

– Eine Möglichkeit dazu ist das Antifa Café jeden ersten Freitag im Monat ab 16 Uhr im ZAKK – kommt vorbei! –

 

Ralf Stadler – Rechtsextremer AfD-Direktkandidat | Hintergründe und Einschätzung aus antifaschistischer Perspektive

Ralf Stadler - Rechtsextremer AfD-Direktkandidat

Ralf Stadler tritt als Direktkandidat im Wahlkreis Passau für die AfD zur Bundestagswahl 2021 an. Er publiziert/teilt auf seinen Social Media Seiten (Facebook/Telegram) regelmäßig Inhalte mit NS- und Holocaust-relativierung, an Volksverhetzung grenzenden Rassismus, antifeministische, sexistische und menschenverachtende Inhalte. 

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Online Vortrag 14.6 19 Uhr: Aktuelle Strategien von AfD & Co. – Zwischen Corona-Protesten und Bundestagswahl

 

 

 

Online Vortrag mit Robert Andreasch am 14.6 um 19 Uhr.
Zugangscode per Facebook oder Mail anfragen: nullacht51@inventati.org
Aktuelle Strategien von AfD & Co. – Zwischen Corona-Protesten und Bundestagswahl
Zehntausende gingen bei den sogenannten „Coronaprotesten“ in den letzten Monaten auf die Straßen. Damit hat sich nach PEGIDA erneut eine reaktionäre (Straßen-) Bewegung zusammengefunden. Wo Antisemitismus und Verschwörungswahn oft die Grundlagen bildeten, wurden, wenig überraschend Gewalt-, Putsch- und Umsturzphantasien populär. Und jetzt? Einerseits scheint mit dem Rückgang der Pandemie den „Querdenker_innen“ etwas die Luft ausgegangen zu sein. Andererseits ist ein diffuser Handlungsdruck entstanden, dem das gemeinsame ‚Auf die Straße gehen‘ und das soziale Miteinander in den Chatgruppen nicht mehr ausreicht; es kommt z. B. zu militanten Anschlägen auf Testzentren.
Gleichzeitig ruft sich das andere faschistische Problem in Erinnerung: die AfD. Knapp vier Monate vor der Bundestagswahl sagen Wahlforscher_innen voraus, dass die „Corona-Partei“ in Sachsen fast alle Direktmandate erringen könnte. Eine Woche vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt steht die AfD dort in Umfragen als stärkste Partei da. Laut bürgerlicher Politik und Medien hätte es ganz anders kommen sollen. Sind die „extrem rechten Looser“ (Frankfurter Rundschau, März 2021) nicht „in der Krise“ (taz, August 2020), „erfolglos“ (FAZ, Februar 2021), im „absehbaren Niedergang“ (junge Welt, Dezember 2020)? Steht die AfD nicht „in Nöten wie nie zuvor“ (Die Zeit, Dezember 2020), im „Abseits“ (RND, März 2021), vor dem „Abgrund“ bzw. vor dem „Anfang vom Ende“ (Der Spiegel, März 2021)?
Robert Andreasch versucht, etwas Orientierung zu schaffen und einen Ausblick zu geben, was uns in den nächsten Monaten von ganz rechtsaußen erwartet. Dafür hat er sich in der letzten Zeit nicht nur die Pandemieleugner_innen von innen und außen angeschaut, sondern auch die bayerische AfD, ihre aktuellen Kampagnen sowie die Strategien, denen AfD und andere extreme Rechte (nicht nur) im kommendenundestagswahlkampf
zu folgen versuchen.
Robert Andreasch recherchiert als Autor, freier Foto- und Hörfunkjournalist über die radikale Rechte in Bayern. Er ist zudem Mitarbeiter der „antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München“ (a.i.d.a. e. V.).

Statement zu rechtsextremen Spitzel in der Passauer Linken

In einem Interview mit dem extrem rechten, der Identitären Bewegung nahestehenden, Magazin „Ein Prozent“ berichtet Petar B., Student an der Universität Passau, sowie Mitglied der Jungen Alternative und der extrem rechten Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf, wie er für einige Wochen als Spitzel in der Passauer linken Szene aktiv war. Nach eigenen Angaben wurde Petar B. am 6. Juni 2019 im Vorfeld eines Vortrages an der Universität von „fünf militanten Antifaschisten“ gestellt und konfrontiert.

Der rechtsextreme Spitzel Petar B. hat an den Treffen einer offenen linken Hochschulgruppe teilgenommen und behauptet in dem Artikel auf den Treffen der antifaschistischen Gruppe gewesen zu sein. Letztes entspricht, wie auch einige weitere Darstellungen des Spitzels, schlichtweg nicht der Wahrheit und offenbart mehr Wunsch als realen Unterwanderungserfolg: Petar B. nahm an mehren Terminen bei dem von uns ausgerichteten Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) teil. Dieses dient dazu, antifaschistisch Interessierten die Möglichkeit zum Austausch in lockerer Stammtischatmosphäre zu geben. An internen Treffen der Gruppe NullAcht51 hat Petar B. ausdrücklich nicht teilgenommen. Sowohl das OAT als auch die Treffen der linken Hochschulgruppe sind offen für alle Interessierten, werden öffentlich beworben und auch als offene Veranstaltungen konzipiert. Zudem will Petar B. an einem einschlägigen Szene-Konzert, sowie an den Protesten gegen christlich-fundamentalistische AbtreibungsgegnerInnen in München teilgenommen haben. Auch diese beiden Punkte bedienen hier mehr eine bestimmte Taktik der Selbstdarstellung und Märtyrisierung des Petar B. Die Wahrheit hingegen wirkt denkbar unspannend. Zwar war Petar B. auf einem Konzert, dabei handelte es sich jedoch um die öffentliche Techno-Veranstaltung eines Passauer Clubs, die bzw. der schlichtweg nichts mit der radikalen Linken zu tun hat(te). Bei den Pro Choice Protesten gegen religiöse FundamentalistInnen und AbtreibungsgegnerInnen im Mai 2019 war Petar B. zwar ebenfalls anwesend. Auch hierbei handelt es sich um einen öffentlich beworbenen Termin mit überregionaler Mobilisierung an dem mehrere hundert Demonstrierende eines Bündnisses unterschiedlichster Organisationen und Gruppierungen teilnahmen. Da – wie bei solchen Protesten üblich – ohnehin mit der Anwesenheit ziviler Polizeibeamt*innen und Ermittler*innen gerechnet werden muss, dürfte Petar B. hier kaum mehr Eindrücke zu linker Protestkultur gewonnen haben, als die Hundertschaft eingesetzter Beamt*innen.

Petars Erkenntnisse sind äußerst dünn: Er will herausgefunden haben, dass wir, ebenso wie die offene linke Hochschulgruppe mit der Partei Die LINKE oder dem Runden Tisch gegen Rechts zusammenarbeiten. Dafür hätte aber auch ein Blick auf eine der Facebook-Seiten oder jedes zweite Bündnisplakat in Passau gereicht. Ebenfalls „recherchiert“ hat der rechtsextreme Spitzel, dass es innerhalb der radikalen Linken Deutschlands Streitigkeiten um das Thema Antisemitismus und das Verhältnis zu Israel gibt. Herzlichen Glückwunsch dazu.

Zur, rechts des rechten Parteiflügels der AfD stehenden, Jugendorganisation „Jungen Alternative Bayern“, die nun versucht diese wirren Analysen für ihre Zwecke auszuschlachten, müssen wir wohl nicht viel sagen. Zur Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf wollen wir aber noch einige Worte verlieren. Dass diese versuchte einen Spitzel in linken Zusammenhängen zu platzieren, zeigt nur erneut, dass es sich hier nicht um eine konservative Burschenschaft, sondern um eine Akteurin der extremen Rechten handelt. Eine ausführlichen Recherche des Antifaschistischen Infotickers Passau zeigt deutlich die Überschneidungen der Markomannia zur AfD, anderen rechtsextremen Burschenschaften und der Identitären Bewegung. Zudem bestehen gute Kontakte zu teils neonazistischen Burschenschaften, sowie zur NPD und ins rechtsextreme Hooligan-Milieu. Auch, dass das der vermeintliche Erfolg einer Infiltration der radikalen linken durch Rechtsextreme innerhalb weniger Tage von einer speziellen Auswahl von Medien der „Neuen Rechten“ rezipiert wurde, zeigt, wie gut die Burschenschaft Markomannia im rechtsextremen Netzwerk eingebunden ist. Diese Attacke von Rechts zeigt deutlich, dass wir ihnen mit unserer Arbeit ein Dorn im Auge sind. Wir werden uns davon nicht einschüchtern lassen und auch weiterhin gegen Faschismus jeder Couleur kämpfen. Für eine solidarische und freie Gesellschaft!