Redebeitrag zur Antifa und dem guten Leben für Alle

Am 30. April, also dem Vorabend des Arbeiter*innenkampftags sind wir in Passau gemeinsam mit den Gewerkschaftsjugenden von DGB, ver.di, IGM und GEW auf die Straße gegangen, um das gute Leben für Alle zu fordern. Unseren Redebeitrag zu diesem Anlass sowie ein paar Impressionen veröffentlichen wir hier:

„Was machen Antifas auf einer Demo zum 1. Mai? Was hat Antifaschismus mit Arbeitskämpfen zu tun?“ – Diese Frage kann man auf sehr viele Arten beantworten. Die offensichtlichste ist, dass Nazis aktiv gegen Gewerkschaften, gegen Arbeitnehmer*innen agitieren und rechte bis faschistische Parteien und Organisationen den Rechten von Arbeiter*innen deutlich mehr schaden als nützen. Auch, dass Faschos menschenfeindliche Positionen vertreten, die mit den Zielen fortschrittlicher Organisationen absolut unvereinbar sind und auf allen Ebenen bekämpft werden müssen, sollte für die meisten hier nichts neues sein – so standen wir doch erst im Januar genau hier, um zusammen mit über 8000 Anderen ein Zeichen gegen die faschistische Politik der AfD und ihrer Verbündeten zu setzen.

So weit, nichts Neues. Ich möchte an dieser Stelle über einen anderen Punkt reden, der über das Genannte hinausgeht: Es gibt mehrere Spielarten des Antifaschismus. Es gibt den bürgerlichen Antifaschismus und den, den linksradikale Antifagruppen vertreten. Was ich bisher genannt habe, fällt alles eher unter die Kategorie des bürgerlichen Antifaschismus – Engagement gegen Rechtsextremismus, welches die Gesellschaft wie sie jetzt ist davor schützen soll, in Schlimmeres abzugleiten, das Grauen, dass die Herrschaft oder einfach nur Präsenz von Faschist*innen auslöst, verhindern soll. Was dabei jedoch völlig untergeht ist die Grausamkeit, die in den bestehenden Verhältnissen steckt, die bereits jetzt herrscht. Die Grausamkeit, dass Menschen in einem der reichsten Länder der Welt hungern müssen, dass jedes 5te Kind in Armut lebt. Dass Menschen auf der Straße erfrieren, während Wohnungen leerstehen, dass Menschen, die Hilfe benötigen stattdessen abgeschoben werden in Länder, in denen ihnen Leid, Verfolgung oder gar der Tod droht. Dass viele ab der Monatsmitte nicht mehr wissen, wie sie ihre Einkäufe bei den steigenden Preisen und faktisch sinkenden Löhnen bezahlen sollen. Und dass all der Wohlstand, der so viele hier schon kaum erreicht, auf dem Rücken einer ausgebeuteten Welt und unserem Klima aufgebaut wurde.

Eine Grausamkeit und Gewalt, die kaum als solche benannt wird und von der erwartet wird, dass wir sie einfach hinnehmen, dass sie „halt zum Leben dazugehört“. So ist das nunmal. Und dass dieser furchtbare Normalzustand so weitergeht, scheint auch niemand ändern zu wollen – im Gegenteil, die aktuelle Politik sieht so aus, dass er nur weiter verschärft wird, damit noch mehr Menschen leiden.

Entgegen der allgemeinen Meinung ist der Unterschied zwischen bürgerlichem und linksradikalem Antifaschismus nicht die Wahl der Mittel sondern das Ziel: Denn das Ziel kann doch nicht die Verteidigung dieser Grausamkeit sein, die wir aktuell unsere Realität nennen, sondern der Kampf um ein wirkliches gutes Leben für alle! Und das erkämpfen wir nicht innerhalb der gegebenen Verhältnisse, sondern kollektiv organisiert gegen sie, gegen den Staat und seine Erfüllungsgehilfen. Ein Leben, in dem niemand mehr hungern oder auf den Straßen frieren muss, in dem niemand unter Anwendung von Gewalt in Kriegsgebiete abgeschoben wird – in dem Krieg nicht mehr existieren muss – ist ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt, ein Ziel, das gegen den Backlash von sowohl Faschos als auch dem Staat verteidigt werden muss – auch militant.

Doch das bedeutet auch: Diesen Kampf führt niemand für uns. Das müssen wir selbst in die Hand nehmen. Denn wir können uns schon jetzt entscheiden, es anders zu machen, solidarisch miteinander zu sein. Wir können erkennen, dass wir gemeinsam nicht so machtlos sind, wie wir glauben und wir haben eine Perspektive, für die es sich zu kämpfen lohnt: Das gute Leben für alle! Ihr wollt also eine bessere Welt, ihr könnt euch vorstellen, wie es besser gehen kann? Bringt euch ein! Organisiert euch! Niemand wird uns befreien außer uns selbst.
Also: Join your local Antifa!

– Eine Möglichkeit dazu ist das Antifa Café jeden ersten Freitag im Monat ab 16 Uhr im ZAKK – kommt vorbei! –

 

Redebeitrag zur Notwendigkeit von konsequentem Antifaschismus

Letzten Samstag, am 27. Januar 2024 fand in Passau mit ca. 8000 – 10 000 Teilnehmenden die größte Demonstration der Nachkriegsgeschichte unter dem Motto „Passau gegen Rechts“ statt. Anlass waren die Recherchen von Correctiv zu den Deportationsplänen eines ganzen Netzwerks an rechtsextremen Gruppen, Parteien und Einzelpersonen. Besagtes Netzwerk zieht sich bis nach Passau, genauer nachzulesen in den Recherchen der Kampane Völkische Verbindungen kappen!

Hier wollen wir unseren Redebeitrag zur Demonstration veröffentlichen. Auch wollen wir an der Stelle auf den Beitrag der Hochschulgruppe LUKS hinweisen, danke für die ehrlichen Worte! Ungekürzt nachlesbar hier. (und ein Statement im Nachgang der Demo hier)

Aber hier nun unsere Rede:

„Die Antifa [ist] das größte Hindernis für die Rechten. Sie [steht] […] auch dem Aufstieg der AfD entgegen“ – gibt der gewalttätige Neonazi Mario Müller laut der kürzlich veröffentlichten Correctiv-Recherche zu. Er spricht damit aus, was viele noch nicht ganz verstanden haben: Radikaler, konsequenter Antifaschismus ein essentieller Bestandteil im Kampf gegen Faschos, ihre Strukturen und Inhalte!

Wir wüssten nicht, dass Arndt und Wiebke Novak, Tochter und Schwiegersohn des Organisators des Potsdamer Treffens, hier leben, ohne linksradikale Recherchen! Wir wüssten nichts davon, dass der mutmaßliche verhinderte Rechtsterrorist Tobias Benecke – ehemals Lipski – hier in Passau Jura studiert und seine Nazi-Burschenschaft Markomannia Wien wurde ebenfalls nur dank langjähriger linksradikaler Kampagnenarbeit aufgelöst! Der Passauer AfD-Abgeordnete Ralf Stadler, der übrigens gerne mit scharfen Waffen trainiert und bereits Geflüchtete körperlich angegriffen hat, traut sich für AfD-Veranstaltungen kaum mehr in die Stadt – da er jedes Mal von linkem Protest gestört wird. All das – Recherche, Kampagnen, Gegenprotest, Blockaden – sind wichtig Teile der Arbeit „gegen Rechts“, die langfristig deutlich bessere Ergebnisse erzielen, als vereinzelte Großdemos fernab des tatsächlichen Geschehens.

Dennoch wird sich liebend gerne weiter von Antifas distanziert, wie auch im Vorfeld dieser Demo. Wer sich die letzten Tage gegen „Linksextremismus“ positioniert hat, spricht Bände. Zwei Beispiele: der ehemalige CSU-Kreisvorsitzende Holm Putzke erklärte vor einigen Tagen auf Facebook, eigentlich sei „Remigration“ ja in Teilen sogar gut und stehe auch im CSU-Parteiprogramm. Bischof Oster vertritt offen queerfeindliche Positionen und will Frauen das Recht zur körperlichen Selbstbestimmung nehmen. Nun ist keiner der beiden ein Nazi, dass diese Positionen rechts sind, ist allerdings auch nicht von der Hand zu weisen. Da ist der Fingerzeig auf andere, die angeblich genau so schlimm sein sollen wie Rechtsextreme natürlich eine naheliegende Ablenkung, werden genau solche Positionen gerade doch so harsch kritisiert, allen voran von Antifas und Feminist*innen.

Doch die Gleichung „Links ist doch genau so schlimm wie rechts“ geht nicht auf –  zum Verständnis: Nazis, das sind die mit den unmenschlichen Deportationsplänen, die, die Geflüchtetenunterkünfte in Brand stecken oder queer auftretende Jugendliche verprügeln und zum Teil zu Tode foltern. Die als Partei durch staatliche Mittel rechtsterroristische Strukturen unterstützen und die aktiv an der Realisation eines faschistischen Staats arbeiten. Antifas sind die, die aktiv verhindern wollen, dass Nazis diese Pläne umsetzen können. Wer das gleichsetzt, hat doch den Schuss nicht gehört – und das meine ich wörtlich, denn die rechten Anschläge allein der letzten Jahre zeigen, dass Nazis es ernst meinen. Nazis töten. Sich dem entgegenzustellen, ist Pflicht einer jeden Person mit auch nur einem Funken Anstand und Solidarität ist unerlässlich mit jenen, die Tag um Tag, Jahr um Jahr konsequent Nazis bekämpfen, bevor sie Anschläge begehen können. Wenn wir wollen, dass sich alle Menschen in unserer Gesellschaft wohl fühlen, wenn wir wollen, dass niemand angegriffen oder getötet wird, der*die nicht in das rechte Idealbild passt, ist die absolute Grundbedingung, dass sich Nazis unwohl fühlen, dass sich Nazis nicht trauen, ihre menschenfeindlichen Ansichten auszuleben und ihre Ideologie in Taten umzusetzen. Was dafür sorgt, sind nicht gelegentlich stattfindende Großdemos, sondern die Recherche zu Netzwerken und Akteur*innen, beständiger Widerspruch auf der Straße. Es sind Menschen, die rechten Aussagen permanent widersprechen und solche, die nicht aufhören, auf die Gefahr hinzuweisen, die von Rechten ausgeht. Es sind die, die dafür meistens kaum Lob oder Dank bekommen, die stattdessen oft genug von der Polizei schikaniert oder gar verprügelt werden, die auch noch als Kriminelle gebrandmarkt werden.
Mit diesen Menschen sind wir solidarisch, vor allem mit Lina, mit Tobi, Illaria, Maya, Gabri und allen weiteren Antifas, die aktuell für ihren Aktivismus krasse Strafen bekommen oder befürchten müssen! Diese Antifa ist „das größte Hindernis“ für die Rechten, diese Antifa braucht es. Wenn wir uns gegen Rechts stellen, dürfen wir das niemals vergessen. In dem Sinne – Alerta Antifascista!

 

Credits für das Titelbild: lynr_photo

 

Ralf Stadler – Rechtsextremer AfD-Direktkandidat | Hintergründe und Einschätzung aus antifaschistischer Perspektive

Ralf Stadler - Rechtsextremer AfD-Direktkandidat

Ralf Stadler tritt als Direktkandidat im Wahlkreis Passau für die AfD zur Bundestagswahl 2021 an. Er publiziert/teilt auf seinen Social Media Seiten (Facebook/Telegram) regelmäßig Inhalte mit NS- und Holocaust-relativierung, an Volksverhetzung grenzenden Rassismus, antifeministische, sexistische und menschenverachtende Inhalte. 

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Online Vortrag 14.6 19 Uhr: Aktuelle Strategien von AfD & Co. – Zwischen Corona-Protesten und Bundestagswahl

 

 

 

Online Vortrag mit Robert Andreasch am 14.6 um 19 Uhr.
Zugangscode per Facebook oder Mail anfragen: nullacht51@inventati.org
Aktuelle Strategien von AfD & Co. – Zwischen Corona-Protesten und Bundestagswahl
Zehntausende gingen bei den sogenannten „Coronaprotesten“ in den letzten Monaten auf die Straßen. Damit hat sich nach PEGIDA erneut eine reaktionäre (Straßen-) Bewegung zusammengefunden. Wo Antisemitismus und Verschwörungswahn oft die Grundlagen bildeten, wurden, wenig überraschend Gewalt-, Putsch- und Umsturzphantasien populär. Und jetzt? Einerseits scheint mit dem Rückgang der Pandemie den „Querdenker_innen“ etwas die Luft ausgegangen zu sein. Andererseits ist ein diffuser Handlungsdruck entstanden, dem das gemeinsame ‚Auf die Straße gehen‘ und das soziale Miteinander in den Chatgruppen nicht mehr ausreicht; es kommt z. B. zu militanten Anschlägen auf Testzentren.
Gleichzeitig ruft sich das andere faschistische Problem in Erinnerung: die AfD. Knapp vier Monate vor der Bundestagswahl sagen Wahlforscher_innen voraus, dass die „Corona-Partei“ in Sachsen fast alle Direktmandate erringen könnte. Eine Woche vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt steht die AfD dort in Umfragen als stärkste Partei da. Laut bürgerlicher Politik und Medien hätte es ganz anders kommen sollen. Sind die „extrem rechten Looser“ (Frankfurter Rundschau, März 2021) nicht „in der Krise“ (taz, August 2020), „erfolglos“ (FAZ, Februar 2021), im „absehbaren Niedergang“ (junge Welt, Dezember 2020)? Steht die AfD nicht „in Nöten wie nie zuvor“ (Die Zeit, Dezember 2020), im „Abseits“ (RND, März 2021), vor dem „Abgrund“ bzw. vor dem „Anfang vom Ende“ (Der Spiegel, März 2021)?
Robert Andreasch versucht, etwas Orientierung zu schaffen und einen Ausblick zu geben, was uns in den nächsten Monaten von ganz rechtsaußen erwartet. Dafür hat er sich in der letzten Zeit nicht nur die Pandemieleugner_innen von innen und außen angeschaut, sondern auch die bayerische AfD, ihre aktuellen Kampagnen sowie die Strategien, denen AfD und andere extreme Rechte (nicht nur) im kommendenundestagswahlkampf
zu folgen versuchen.
Robert Andreasch recherchiert als Autor, freier Foto- und Hörfunkjournalist über die radikale Rechte in Bayern. Er ist zudem Mitarbeiter der „antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München“ (a.i.d.a. e. V.).

Protest gegen die „Corona Diktatur“ instrumentalisiert Todestag der Geschwister Scholl

PRESSEINFORMATION
Passau, 16.02.2020

Ausgerechnet für den Todestag der Geschwister Scholl, den 22.02.2021 von 17:30-20:00 Uhr, mobilisiert die Gruppe „Corona-Mask-Force“ massiv für eine Demonstration unter dem Motto „Corona-Diktatur beenden! Wir wollen unser Leben zurück“ in den Passauer Klostergarten.
Als Redner angekündigt sind die prominenten und skandalträchtigen Akteure der „Querdenker”-Szene Markus Haintz (Ulm), Karl Hilz (München) und Dr. med. Ronald Weikl (Passau). Unter den Organisator:innen der „Corona-Mask-Force”-Kundgebungen befinden sich bekannte Persönlichkeiten aus dem rechtsextremen Milieu. Dazu zählt der ehemalige Passauer NPD-Kreisvorsitzende Martin Gabling, welcher stets als führender Kopf hinter den Kundgebungen erscheint.

Die Gruppe „Corona-Mask-Force“, zieht mit ihrer neuen Aktionsform die „Schwarzen Wahrheit” von Stadt zu Stadt. „Die Aktionsform hat einen neonazistischen Ursprung. Ihr Ziel ist es, dass Akteur:innen der extremen Rechten unter ihren Maskierungen nicht erkannt werden und so die personellen Überschneidungen der ‚Corona-Rebell:innen’ in die extreme Rechte nicht skandalisiert werden können” erklärt Maja Heber, Sprecherin der antifaschistischen Gruppe Nullacht51. Am 23.01.21 hatte die „Corona-Mask-Force” ihre Auftaktveranstaltung in Freyung, bei der sie sich als Internierungshäftlinge verkleideten und einen skurrilen Performance-Marsch vor dem Krankenhaus aufführten, um so gegen bestehende, vermeintlich „diktatorische” Pandemieauflagen zu demonstrieren. In den darauf folgenden Wochen demonstrierte die Gruppe in Vilshofen, Pocking und Waldkirchen. Bei den Kundgebungen wurden Infektionsschutzmaßnahmen kaum eingehalten, die Mund-Nasen-Bedeckung wurde überwiegend nicht getragen und der Mindestabstand nicht beachtet. Immer wieder kam es auch zu Eskalationen und zu Angriffen gegen Journalist:innen und Einsatzkräfte. „Nachdem es in Waldkirchen zu diversen polizeilichen Maßnahmen, ED-Behandlungen und Anzeigen wegen Infektionsschutzverstößen gegen ‘Corona-Rebell:innen’ kam, griffen ‚Corona-Rebell:innen Einsatzkräfte an, was mit einem am Boden liegenden „Corona-Rebell” und einem leicht verletzten Polizisten endete”, berichtet Heber.
Für den 22.02. steht schließlich Passau auf dem Plan der ‚Corona-Mask-Force” – so wird es auf der Facebookseite der Gruppe und in einschlägigen (rechten) Telegramgruppen beworben.

Mit der in Passau beworbenen Kundgebung wird nun erneut versucht, ein zutiefst antisemitisches und verschwörungsideologisches Weltbild mittels Falschmeldungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Dies ist allein inhaltlich nur schwer erträglich”, kritisiert Maja Heber. „Besonders makaber und absolut verachtenswert ist die Inszenierung am Todestag der Geschwister Scholl, in deren Tradition des Kampfes gegen ein diktatorisches, faschistisches Regime sich die selbsternannten ‚Corona Rebellen’ sehen. Ihr Feind: Die ‚Hygienediktatur’ und der ‚Gesundheitsfaschismus’. Welche Gefahr, ganz praktisch, von der Agitation dieser Corona-Leugner:innen ausgeht wurde erst kürzlich in einer Studie publik”, so Heber weiter.

Laut dieser aktuellen Studie des ZEW Mannheim und der Humbold-Universität zu Berlin sollen 16.000 – 21.000 vermeidbare Corona-Infektionen allein durch zwei Querdenken-Großdemos in Leipzig und Berlin befördert worden sein. Markus Haintz, der für die Kundgebung in Passau als Stargast angekündigt ist, hat die letzten Wochenenden regelmäßig ähnliche Großdemonstrationen in München veranstaltet, auf denen weder Abstände noch Maskenpflicht eingehalten wurden. Auch der zweite der angekündigten Redner, Karl Hilz, ist häufig auf diesen und weiteren Versammlungen zu finden. Die Überschneidungen zwischen den Demonstrierenden in München und denen, die kurz darauf am Montag in Passau ohne die Absicht, Infektionsschutzbestimmungen einzuhalten, auf der Kundgebung stehen werden, um die prominenten Redner zu sehen, kann somit schwerwiegende Konsequenzen für das Infektionsgeschehen in der Stadt haben.

Passau weist noch immer und schon seit Monaten einen viel zu hohen Inzidenzwert auf. Menschen und Unternehmen leiden unter Lockdown, Ausgangssperren und 15km-Regeln – und sie tun das unter teils großen Entbehrungen, auch bewusst aus Rücksicht auf die gesundheitlich vulnerablen Menschen in unserer Gesellschaft. Das Pflege- und Klinikpersonal arbeitet weit über die eigenen Kapazitäten hinaus, die Lage der Covid-19-Station im Klinikum ist sichtlich verschärft, die Risiken einer Erkrankung und die Sorge davor sind, so wie die Belastungen durch die Einschränkungen, allgegenwärtig.

Eine Kundgebung, deren Teilnehmer:innen Infektionsschutzmaßnahmen gezielt missachten und welche somit zu einem Superspreader-Event werden kann, verhöhnt Pandemie-Opfer und Klinikpersonal. Dass sich solche Menschen als vergleichbar mit NS-Widerstandskämpfer:innen inszenieren ist ein unglaublicher Skandal“, kritisiert Heber abschließend.

Termin: solidarische Prozessbeobachtung am 9.9.2019

Am 27.04.2019 wurde ein Wahlkampf-Stand der AfD in der Passauer Fußgängerzone erfolgreich abgeschirmt. Im Rahmen der Aktion kam es zu mehreren Anzeigen gegen Aktivist*innen. Einer davon muss sich nun wegen des Vorwurfs der Körperverletzung vor Gericht verantworten.

Die Anzeige gestellt hat MdL Ralf Stadler. Bei Stadler, 2018 in den bayrischen Landtag gewählt, verdichten sich beispielhaft (biologistischer) Rassismus, Frauen*feindlichkeit, Antisemitismus, Verschwörungstheorien sowie das Gefühl der kurz bevorstehenden Vernichtung des „deutschen Volkes“ zu einem geschlossenen, extrem rechten Weltbild. Zusätzlich kommuniziert er teils offen seine Bereitschaft, die deutsche Nation auch mit der Waffe in der Hand gegen all diese Übel zu verteidigen.
(https://infoticker-passau.org/node/326)

Die strafrechtliche Verfolgung von Antifaschist*innen auf Geheiß rechtsextremer Akteur*innen stellt, so wie jede Art von Repression, auch und besonders in Regionen, in denen antifaschistische Strukturen ohnehin schwächer aufgestellt sind, eine maßgebliche Bedrohung für uns und unsere Arbeit dar.

In anderen Fällen hat sich zudem gezeigt, dass Nazis, nicht nur solche von der AfD, entsprechende Prozesse gerne und zahlreich besuchen um Druck auszuüben, einzuschüchtern und sich als Opfer zu inszenieren/in ihrer Opferrolle zu bestätigen.

Deshalb gilt: zeigt euch bitte solidarisch, kommt am 09.09.2019 um 10:30 Uhr zum Prozess in das Amtsgericht Passau in der Schustergasse 4, 94032 Passau und/oder unterstützt den Genossen und die Strukturen vor Ort durch anderweitige Aktionen.

Statement zu rechtsextremen Spitzel in der Passauer Linken

In einem Interview mit dem extrem rechten, der Identitären Bewegung nahestehenden, Magazin „Ein Prozent“ berichtet Petar B., Student an der Universität Passau, sowie Mitglied der Jungen Alternative und der extrem rechten Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf, wie er für einige Wochen als Spitzel in der Passauer linken Szene aktiv war. Nach eigenen Angaben wurde Petar B. am 6. Juni 2019 im Vorfeld eines Vortrages an der Universität von „fünf militanten Antifaschisten“ gestellt und konfrontiert.

Der rechtsextreme Spitzel Petar B. hat an den Treffen einer offenen linken Hochschulgruppe teilgenommen und behauptet in dem Artikel auf den Treffen der antifaschistischen Gruppe gewesen zu sein. Letztes entspricht, wie auch einige weitere Darstellungen des Spitzels, schlichtweg nicht der Wahrheit und offenbart mehr Wunsch als realen Unterwanderungserfolg: Petar B. nahm an mehren Terminen bei dem von uns ausgerichteten Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) teil. Dieses dient dazu, antifaschistisch Interessierten die Möglichkeit zum Austausch in lockerer Stammtischatmosphäre zu geben. An internen Treffen der Gruppe NullAcht51 hat Petar B. ausdrücklich nicht teilgenommen. Sowohl das OAT als auch die Treffen der linken Hochschulgruppe sind offen für alle Interessierten, werden öffentlich beworben und auch als offene Veranstaltungen konzipiert. Zudem will Petar B. an einem einschlägigen Szene-Konzert, sowie an den Protesten gegen christlich-fundamentalistische AbtreibungsgegnerInnen in München teilgenommen haben. Auch diese beiden Punkte bedienen hier mehr eine bestimmte Taktik der Selbstdarstellung und Märtyrisierung des Petar B. Die Wahrheit hingegen wirkt denkbar unspannend. Zwar war Petar B. auf einem Konzert, dabei handelte es sich jedoch um die öffentliche Techno-Veranstaltung eines Passauer Clubs, die bzw. der schlichtweg nichts mit der radikalen Linken zu tun hat(te). Bei den Pro Choice Protesten gegen religiöse FundamentalistInnen und AbtreibungsgegnerInnen im Mai 2019 war Petar B. zwar ebenfalls anwesend. Auch hierbei handelt es sich um einen öffentlich beworbenen Termin mit überregionaler Mobilisierung an dem mehrere hundert Demonstrierende eines Bündnisses unterschiedlichster Organisationen und Gruppierungen teilnahmen. Da – wie bei solchen Protesten üblich – ohnehin mit der Anwesenheit ziviler Polizeibeamt*innen und Ermittler*innen gerechnet werden muss, dürfte Petar B. hier kaum mehr Eindrücke zu linker Protestkultur gewonnen haben, als die Hundertschaft eingesetzter Beamt*innen.

Petars Erkenntnisse sind äußerst dünn: Er will herausgefunden haben, dass wir, ebenso wie die offene linke Hochschulgruppe mit der Partei Die LINKE oder dem Runden Tisch gegen Rechts zusammenarbeiten. Dafür hätte aber auch ein Blick auf eine der Facebook-Seiten oder jedes zweite Bündnisplakat in Passau gereicht. Ebenfalls „recherchiert“ hat der rechtsextreme Spitzel, dass es innerhalb der radikalen Linken Deutschlands Streitigkeiten um das Thema Antisemitismus und das Verhältnis zu Israel gibt. Herzlichen Glückwunsch dazu.

Zur, rechts des rechten Parteiflügels der AfD stehenden, Jugendorganisation „Jungen Alternative Bayern“, die nun versucht diese wirren Analysen für ihre Zwecke auszuschlachten, müssen wir wohl nicht viel sagen. Zur Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf wollen wir aber noch einige Worte verlieren. Dass diese versuchte einen Spitzel in linken Zusammenhängen zu platzieren, zeigt nur erneut, dass es sich hier nicht um eine konservative Burschenschaft, sondern um eine Akteurin der extremen Rechten handelt. Eine ausführlichen Recherche des Antifaschistischen Infotickers Passau zeigt deutlich die Überschneidungen der Markomannia zur AfD, anderen rechtsextremen Burschenschaften und der Identitären Bewegung. Zudem bestehen gute Kontakte zu teils neonazistischen Burschenschaften, sowie zur NPD und ins rechtsextreme Hooligan-Milieu. Auch, dass das der vermeintliche Erfolg einer Infiltration der radikalen linken durch Rechtsextreme innerhalb weniger Tage von einer speziellen Auswahl von Medien der „Neuen Rechten“ rezipiert wurde, zeigt, wie gut die Burschenschaft Markomannia im rechtsextremen Netzwerk eingebunden ist. Diese Attacke von Rechts zeigt deutlich, dass wir ihnen mit unserer Arbeit ein Dorn im Auge sind. Wir werden uns davon nicht einschüchtern lassen und auch weiterhin gegen Faschismus jeder Couleur kämpfen. Für eine solidarische und freie Gesellschaft!