Letzten Samstag, am 27. Januar 2024 fand in Passau mit ca. 8000 – 10 000 Teilnehmenden die größte Demonstration der Nachkriegsgeschichte unter dem Motto „Passau gegen Rechts“ statt. Anlass waren die Recherchen von Correctiv zu den Deportationsplänen eines ganzen Netzwerks an rechtsextremen Gruppen, Parteien und Einzelpersonen. Besagtes Netzwerk zieht sich bis nach Passau, genauer nachzulesen in den Recherchen der Kampane Völkische Verbindungen kappen!
Hier wollen wir unseren Redebeitrag zur Demonstration veröffentlichen. Auch wollen wir an der Stelle auf den Beitrag der Hochschulgruppe LUKS hinweisen, danke für die ehrlichen Worte! Ungekürzt nachlesbar hier. (und ein Statement im Nachgang der Demo hier)
Aber hier nun unsere Rede:
„Die Antifa [ist] das größte Hindernis für die Rechten. Sie [steht] […] auch dem Aufstieg der AfD entgegen“ – gibt der gewalttätige Neonazi Mario Müller laut der kürzlich veröffentlichten Correctiv-Recherche zu. Er spricht damit aus, was viele noch nicht ganz verstanden haben: Radikaler, konsequenter Antifaschismus ein essentieller Bestandteil im Kampf gegen Faschos, ihre Strukturen und Inhalte!
Wir wüssten nicht, dass Arndt und Wiebke Novak, Tochter und Schwiegersohn des Organisators des Potsdamer Treffens, hier leben, ohne linksradikale Recherchen! Wir wüssten nichts davon, dass der mutmaßliche verhinderte Rechtsterrorist Tobias Benecke – ehemals Lipski – hier in Passau Jura studiert und seine Nazi-Burschenschaft Markomannia Wien wurde ebenfalls nur dank langjähriger linksradikaler Kampagnenarbeit aufgelöst! Der Passauer AfD-Abgeordnete Ralf Stadler, der übrigens gerne mit scharfen Waffen trainiert und bereits Geflüchtete körperlich angegriffen hat, traut sich für AfD-Veranstaltungen kaum mehr in die Stadt – da er jedes Mal von linkem Protest gestört wird. All das – Recherche, Kampagnen, Gegenprotest, Blockaden – sind wichtig Teile der Arbeit „gegen Rechts“, die langfristig deutlich bessere Ergebnisse erzielen, als vereinzelte Großdemos fernab des tatsächlichen Geschehens.
Dennoch wird sich liebend gerne weiter von Antifas distanziert, wie auch im Vorfeld dieser Demo. Wer sich die letzten Tage gegen „Linksextremismus“ positioniert hat, spricht Bände. Zwei Beispiele: der ehemalige CSU-Kreisvorsitzende Holm Putzke erklärte vor einigen Tagen auf Facebook, eigentlich sei „Remigration“ ja in Teilen sogar gut und stehe auch im CSU-Parteiprogramm. Bischof Oster vertritt offen queerfeindliche Positionen und will Frauen das Recht zur körperlichen Selbstbestimmung nehmen. Nun ist keiner der beiden ein Nazi, dass diese Positionen rechts sind, ist allerdings auch nicht von der Hand zu weisen. Da ist der Fingerzeig auf andere, die angeblich genau so schlimm sein sollen wie Rechtsextreme natürlich eine naheliegende Ablenkung, werden genau solche Positionen gerade doch so harsch kritisiert, allen voran von Antifas und Feminist*innen.
Doch die Gleichung „Links ist doch genau so schlimm wie rechts“ geht nicht auf – zum Verständnis: Nazis, das sind die mit den unmenschlichen Deportationsplänen, die, die Geflüchtetenunterkünfte in Brand stecken oder queer auftretende Jugendliche verprügeln und zum Teil zu Tode foltern. Die als Partei durch staatliche Mittel rechtsterroristische Strukturen unterstützen und die aktiv an der Realisation eines faschistischen Staats arbeiten. Antifas sind die, die aktiv verhindern wollen, dass Nazis diese Pläne umsetzen können. Wer das gleichsetzt, hat doch den Schuss nicht gehört – und das meine ich wörtlich, denn die rechten Anschläge allein der letzten Jahre zeigen, dass Nazis es ernst meinen. Nazis töten. Sich dem entgegenzustellen, ist Pflicht einer jeden Person mit auch nur einem Funken Anstand und Solidarität ist unerlässlich mit jenen, die Tag um Tag, Jahr um Jahr konsequent Nazis bekämpfen, bevor sie Anschläge begehen können. Wenn wir wollen, dass sich alle Menschen in unserer Gesellschaft wohl fühlen, wenn wir wollen, dass niemand angegriffen oder getötet wird, der*die nicht in das rechte Idealbild passt, ist die absolute Grundbedingung, dass sich Nazis unwohl fühlen, dass sich Nazis nicht trauen, ihre menschenfeindlichen Ansichten auszuleben und ihre Ideologie in Taten umzusetzen. Was dafür sorgt, sind nicht gelegentlich stattfindende Großdemos, sondern die Recherche zu Netzwerken und Akteur*innen, beständiger Widerspruch auf der Straße. Es sind Menschen, die rechten Aussagen permanent widersprechen und solche, die nicht aufhören, auf die Gefahr hinzuweisen, die von Rechten ausgeht. Es sind die, die dafür meistens kaum Lob oder Dank bekommen, die stattdessen oft genug von der Polizei schikaniert oder gar verprügelt werden, die auch noch als Kriminelle gebrandmarkt werden.
Mit diesen Menschen sind wir solidarisch, vor allem mit Lina, mit Tobi, Illaria, Maya, Gabri und allen weiteren Antifas, die aktuell für ihren Aktivismus krasse Strafen bekommen oder befürchten müssen! Diese Antifa ist „das größte Hindernis“ für die Rechten, diese Antifa braucht es. Wenn wir uns gegen Rechts stellen, dürfen wir das niemals vergessen. In dem Sinne – Alerta Antifascista!
Credits für das Titelbild: lynr_photo